Trichinen

Datum 29.08.2019 22:41 | Thema: DEFAULT

Trichinenfund in Oberhavel

Aus der Rubrik der Zoonosen

In der aktuellen Ausgabe der deutschen Jagdzeitung wird erneut von einem Fall eines mit Trichinen befallenen Stückes Schwarzwild berichtet. Lokaler Behördenangaben zufolge gab es 2018 drei Fälle infizierter Stücke im Landkreis Oberhavel (Brandenburg). Zuletzt einen im Mai diesen Jahres.

Was bedeutet ein solcher Fund für uns Menschen? ...


Die Trichinellose/Trichinose, eine weltweit verbreitete Zoonose, wird durch Nematoden der Art Trichinella verursacht.

Der für den Menschen wichtigste Vertreter ist T. spiralis, wesentlich seltener wurden T. nelsoni,T. nativa, T. murrelli, T. britovi und T. pseudospiralis beim Menschen nachgewiesen.

T. spiralis kommt natürlicherweise in der Wildtierpopulation vor. Sie ist in einem eigenen Zyklus aber auch in der Hausschweinpopulation v.a. in Osteuropa und östlichem Mitteleuropa bekannt.

          Alle Arten von Säugetieren aber auch Vögel und Reptilien können sich mit Trichinellen infizieren.

Als Reservoir für den Menschen sind besonders Fleischfresser und Allesfresser wichtig. Auch Aasfressen spielt eine große Rolle, so sind in faulendem Fleisch eingekapselte Larven1 bis 4 Monate, bei kalten Temperaturen (2-4°C) sogar bis zu 300 Tage überlebensfähig.

          Die Infektion erfolgt durch die Aufnahme von Muskelfleisch, welches eingekapselte infektiöse Larven (L1) enthält. Im Magen werden diese durch die Wirkung der Verdauungssäfte frei und siedeln sich an die Epithelzellen des Dünndarms an. Innerhalb von 1- 1 1/2 Tagen entwickeln sich die Larven1 zu geschlechtsreifen Adulti. Nach ca. 5 weiteren Tagen scheiden diese bereits neue Larven1 aus. Werden die adulten Würmer nicht durch das körpereigene Immunsystem abgetötet entstehen so in ihrem 4-6 -wöchigen Leben 200-1500 neue Larven1.

          Diese Larven1 durchdringen die Darmwand und durchwandern verschiedene Körpergewebe. In Herz, Gehirn oder Leber finden sie ungünstige Lebensbedingungen vor, hier sterben sie in der Regel ab und verursachen teils schwere Entzündungsreaktionen, welche auch tödlich verlaufen können.

Auch in Auge, Blut, Lymphe oder gar Muttermilch können sie gefunden werden.

          Zielgewebe ist die Skelettmuskulatur. Bevorzugt werden sauerstoffreiche, gut durchblutete Muskeln wie Zwerchfell, Nacken-, Kaumuskulatur, Muskulatur des Schultergürtels und der Oberarme.

Wild- und Haustiere erkranken i.d.R. symptomlos. Hunde- und Katzenwelpen können, ähnlich wie der Mensch, Durchfälle und Erbrechen zeigen, später auch Muskelentzündungen.

          Beim Menschen treten, abhängig auch von der Anzahl oder der Art der aufgenommenen Larven1, während der Entwicklung im Darm Übelkeit, Erbrechen, evtl. Durchfall und leichtes Fieber auf. Während der Wanderungsphase und der Einnistung in der Skelettmuskulatur treten neben oben beschriebenen schwerwiegenden Komplikationen, Muskelentzündungen/Muskelschmerzen, Atem- und Schluckbeschwerden, Fieber, Lid- und Gesichtsödeme und Hautausschläge auf.

Durch Veränderung des Zellstoffwechsels werden die Larven1 im Muskelgewebe sicher eingekapselt und können hier beim Menschen z.B. bis zu 31 Jahre, beim Schwein bis zu 11 Jahre lebensfähig und damit infektiös sein.   

          In Deutschland ist eine amtliche Untersuchung von Fleisch von Pferd, Hausschwein, Wildschwein, Nutria, oder Dachs z.B. auf Trichinen gesetzlich vorgeschrieben. 

Dabei werden verschiedene Muskelproben über eine sogenannte Verdauungsmethode untersucht. Fleisch, das ordnungsgemäß der Trichinenuntersuchung unterzogen wurde, gilt als unbedenklich. Es gibt jedoch immer wieder Hinweise auf Lücken, z.B. bei importiertem Fleisch, Fleisch von Wildtieren, oder Hausschlachtungen.

In Schweinefleisch enthaltene Trichinen (T. spiralis) können durch Tiefgefrieren (-30°C über 2-3 Wochen) abgetötet werden, andere Arten können eine höhere Kältetoleranz aufweisen.

Das Erhitzen von Fleisch bei mind. 70°C Kerntemperatur! für mind. 1min tötet alle Arten von Larven sicher ab.

Trocknen und Pökeln schadet ihnen nicht! 

Trockenfleisch, Wurst und Schinken von nicht auf Trichinen untersuchtem Fleisch sind daher Infektionsquelle Nr. 1

          In Deutschland ist die Trichinellose heute eine seltene Erkrankung. Von 2001 bis 2011 gab es 63 bekannt gewordene Fälle beim Menschen. Laut dem RKI infizierten sich Personen nicht selten im Ausland bzw. nach dem Verzehr von aus dem Ausland privat erworbenen Lebensmitteln tierischen Ursprungs. Im Jahr 2006 erkrankten in Mecklenburg-Vorpommern 16 Personen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Verzehr eines privat gehaltenen und geschlachteten Hausschweins.

Liebe Tierbesitzer und im speziellen die omnivoren, der genussvolle Verzehr von Fleisch soll Ihnen heute mit diesem Artikel nicht verdorben werden. Wir möchten aber darauf hinweisen, nicht nur im Hinblick auf Haltungsformen und Schlachtung auf die Herkunft Ihres Fleisches zu achten, sondern auch auf dessen gesundheitliche Unbedenklichkeit im Bezug auf eine durchgeführte amtliche Trichinenprobe.


 

Ihre Tierarztpraxis Heinecke


 

Quellen:

Homepage des Robert Koch Institutes

Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin; Eckert, Friedhoff, Zahner, Deplazes; 2005 Enke Verlag





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